Voll von Verlangen und Liebe

In poetischen Worten beschreibt ein Junge sein Verlangen, seine Entdeckung der Lust mit und seine Liebe zu einem Mann.

Quelle: Boulin, B. et al., La Charte des enfants. Paris: Stock, 1977, S. 40-41

Übersetzung durch JUMIMA.
Englischer Originaltext


In einem Brief an den Pariser “Dienst für Kinder in der Krise” schrieb ein Junge:

“Ich bin vierzehn. Meine Eltern sind ziemlich nett zu mir, aber trotzdem machen sie mir das Leben schrecklich schwer. Ich bin verliebt in einen jungen Mann von 22 Jahren. Wir müssen uns heimlich treffen. Unsere Liebe ist intensiv und anhaltend. Sie hat alle moralischen, sozialen und familiären Hindernisse überwunden. Und ich kann Ihnen sagen, dass ich definitiv nicht von meinem Geliebten verführt wurde. Der Verführer war wirklich ich.”

Er hatte seinen Freund in einem Ferienlager getroffen.

“Eines Nachts stellte ich fest, dass ich meine Augen nicht von ihm lassen konnte … Ich verspürte einen starken Drang, ihn zu verführen. Er schien in seiner Erwachsenenwelt mit seiner Autorität so distanziert zu sein. (…) Aber ich zögerte nicht. Sie können sich nicht vorstellen, wie voll ich von Verlangen und Liebe war. Wenn ich daran zurückdenke, fange ich an zu zittern.

Dann gingen wir eines Nachts spazieren – es war das erste Mal, dass er mich wirklich sah. Wir entdeckten uns und haben uns gegenseitig in der Freude unserer Lust mitgerissen. Und so habe ich gelernt, dass es so etwas wie Lust überhaupt gibt. Meine Kindheit würde so kurze Zeit andauern, und ich möchte sie so voll wie möglich genießen. Aber die Leute machen das unmöglich. Doch wenn ich an all die Dinge denke, die in Internaten, in Ferienlagern passieren – all jene Leute, die heimlich handeln und doch die ersten sind, die empört tun und andere denunzieren. Diese Bastarde! Oder erbärmliche Opfer. Ich fühle mich selbst ganz normal und finde Mädchen und Jungen gleichermaßen schön anzusehen. Schönheit und Liebe sind überall, aber ich muss geheim tun, während ich eigentlich in die ganze Welt schreien möchte und allen erzählen, was für mich so schön ist.”